Stromboli – der Weg dorthin, der Weg hinauf

Micha Laufer, Sommer 2002

Die „Reise meines (bisherigen) Lebens“ führte auf die Vulkaninsel Stromboli im tyrrhenischen Meer nördlich von Sizilien. Und es war eigentlich nur eine 4-tägige Teilepisode des Sommerurlaubes 2002, einer Italienrundfahrt mit meiner Frau (damals noch Freundin) Corinna, mit Auto und kleinem Zelt…!

 

Für Stromboli ließen wir unser Auto mit den Campingutensilien auf dem Campingplatz in Neapel stehen und machten uns per Tragflügelboot auf den Weg. Dafür brauchten wir aber zwei Anläufe. Am ersten Tag haben wir also morgens unser Zelt abgebaut und im Auto verstaut und sind mit kleinem Gepäck per Bus runter zum Hafen, aber am Anleger: tote Hose, kein Schiff, keine Menschen. Irgendwann kam dann jemand und wir bekamen zu hören, dass man nicht fahren könne, zu viel Wellengang. Wellen? Welche Wellen? Im Golf von Neapel war bestes Wetter, kein Wölkchen, alles ruhig…! Was soll´s, zurück zum Campingplatz, dort das Zelt wiederaufgebaut und auf den nächsten Tag gesetzt, da wolle man es noch einmal versuchen… wenn das Wetter besser wäre.

 

Am Folgetag das gleiche Spiel also nochmal. Diesmal lag da das Boot, und es waren auch ein paar Leute da, die waren alle in Gebetbüchern am Lesen… warum? Immer noch war bestes Wetter, kein Lüftchen… die Bootsbesatzung kam dann auch irgendwann und machte sich ans Werk, auch bei denen herrschte eher gedrückte Stimmung. Irgendwie haben wir dann herausbekommen, dass wohl draußen auf dem offenen Mittelmeer recht hoher Dünungswellengang sein soll, der seinen Ursprung in einem Sturm irgendwo anders auf dem Mittelmeer hatte… aber darunter konnten wir uns (noch) Nichts vorstellen.

 

Los ging also die Fahrt, irgendwann gibt so ein Boot ja Gas und hebt sich dank Tragflügel aus dem Wasser… super Sache…eigentlich! Weniger super ist das in hohen (2-3 m) Dünungswellen, denn ab und zu (eigentlich ständig) verliert der Flügel Kontakt zum Wasser und das Boot kracht mit einer Vollbremsung aufs Wasser zurück. Das ist auf der normal 4-stündigen, an diesem Tag aber über 5-stündigen Überfahrt so oft passiert, dass am Ende wirklich alle dieser besonderen kleinen Tütchen (die es auch in Flugzeugen gibt) an Bord aufgebraucht waren… aber wir kamen irgendwann an… irgendwie!

 

Auf der Insel hatten wir uns nicht im Hauptort (wo das Boot anlegte) eingemietet, sondern im Dörfchen „Ginostra“ auf der anderen Seite der Insel. Dorthin sollte es mit einem kleinen roten Boot gehen, ein „Pedro“ sollte uns erwarten und dann mit uns um die Insel schippern. So weit, so…nix! Kein Boot, kein Pedro weit und breit… Der kam dann so nach ca. einer Stunde, um uns zu erklären, dass sein Boot irgendein Problem mit dem Motor hätte und wir noch warten möchten, er könne uns diese und jene Bar am Strand empfehlen, dort würde er uns auch wieder holen, wenn das Boot funktioniert. Könnte schlimmer kommen… dachte ich…

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er dann strahlend wieder, wir könnten jetzt los. Gesagt, getan, auf zum Boot… das sich als besseres Ruderboot mit Mini-Außenborder entpuppte. Pedro saß hinten, wir durften uns vorne hinknien, auf unsere Taschen, damit die Knie nicht so wehtun (das hat der uns ernsthaft so gesagt). Dumm nur, dass es da vorne recht nass war (der geneigte Leser mag sich an die eben beschriebenen Wellen erinnern), vor allem als wir aus dem Wind- und Wellenschatten der Insel kamen. Wir waren nach 45 Minuten Wellen-Berg-und-Tal-Fahrt völlig nass und völlig im Eimer… Dann hat uns Pedro allerdngs eröffnet, dass die Hafeneinfahrt von Ginostra sehr eng und sehr felsig sei, und wir ja nun leider nicht mit einem Schlauchboot (sondern einem Fiberglasboot) unterwegs seien, und das wir bei diesem Wellengang leicht an der Hafenmauer zerschellen und sinken könnten… falls es nicht klappt, müssten wir halt wieder zurückfahren. Glauben Sie mir, ich wäre lieber ohne Gepäck an Land geschwommen!!! Zum Glück haben wir es aber in den winzigen Hafen geschafft – als einziges Boot an diesem Tag, wie wir später erfahren haben. Und damit endet der erste Teil dieser Geschichte, bis hierhin könnte man wohl vom schrecklichsten, wenn auch unvergesslichsten Reiseerlebnis aller Zeiten sprechen.

 

Im Hafen wurden wir bereits erwartet, von unserer „Herbergsmutter“ und einem Esel, seineszeichens einziges Transportmittel des Örtchens für Gepäck. Wir trugen also – mit letzter Kraft – uns zum „MareSole B&B“ hinauf, der Esel unsere Taschen. Im supersüßen kleinen Bed&Breakfast (damals die einzige Unterkunft mit Frühstück im Ort, sonst nur Ferienhäuser) sind wir dann erstmal einfach umgefallen und haben uns ausgeruht. Die ersten kleinen Erdbeben (gibt es da ständig, weil ja dauernd oben am Krater kleine Eruptionen sind) haben uns noch nervös gemacht, aber irgendwann kann man da prima drauf einschlafen. Außerdem waren die Geräusche des Vulkans der einzige Lärm, sonst Ruhe pur, ein absoluter Genuss! Duschen gibt es zu jedem Zimmer zwei, eine im Bad, eine auf der Terrasse, die haben wir dann – wieder wach nach ein paar Stunden – auch ausgiebig genutzt. Am Abend ging es ins Restaurant (eines von sage und schreibe zwei im Ort). Fangfrischer Thunfisch vom Grill, Wahnsinnsblick von der Terrasse, toller Wein, genialer Grappa zum Abschluss… Italien halt 😊!

 

Am nächsten Tag sollte es zwei einzigartige Erlebnisse geben: Einkaufen und Wandern. Einkaufen im einzigen Laden des Ortes funktioniert so: man geht direkt früh morgens da hin und holt sich eine Holztafel mit einer Nummer… die werden dann der Reihe nach aufgerufen. Es dürfen immer zwei Parteien im Laden sein, eine die aussucht und eine die bedient wird. Die entspannte Wartezeit (bei uns war es eine ¾ Stunde) verbringt man mit Lesen oder Schachspielen auf der kleinen Piazza vor dem Laden. Drinnen haben wir dann Proviant für die Wanderung eingekauft… Traubenzucker und 6l Wasser, drei pro Erwachsener, wurde uns gesagt. Denn – natürlich – ging es mit Führer auf den rund 800 m hohen Vulkan, am Spätnachmittag in voller Sonne kann man da schon mal Durst bekommen.

Um ca. 22 Uhr waren wir am Kraterrand und durften einige Eruptionen live miterleben. Schon mein erstes Was-ist-Was-Buch war das über Vulkane, ich saß da mit offenem Mund wie ein kleiner Junge… einfach unbeschreiblich. Die Schrecken der Überfahrt und die Mühen des Aufstiegs – sofort vergessen!

 

Der Rest ist schnell erzählt: Abstieg in den Hauptort Stromboli „rennend“ in einem Aschetrichter, pro Schritt macht man locker 2-3 m, ging superfix. Mit einem Boot (größer, und diesmal mit weniger Wellen) ging es – mit Wein und Musik – zurück nach Ginostra. Und am nächsten Tag bzw. in der nächsten Nacht dann mit einer Fähre zurück nach Neapel. Die Nacht auf Deck im Schlafsack war auch nochmal der Hammer, aber jetzt soll es dann auch mal gut sein mit der Schwärmerei.

 

Fazit: Stromboli ist ein Muss für alle Vulkanfans… Ginostra ist ein absoluter Geheimtipp, wenn man mal wirklich raus will aus der normalen Hektik! Nur für die Überfahrt (es geht natürlich auch kürzer, von Milazzo auf Sizilien) sucht man sich besser einen Tag mit ruhigem Wasser aus 😉!